28. September 2021

Erste Lesung: Drittes Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt hier der Gesetzentwurf für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz in erster Lesung vor. Das Gesetz ist bis zum 31. Dezember dieses Jahres befristet. Es bleibt weiterhin erforderlich, um die Anzahl der Beratungsstellen auf den gesetzlichen Schlüssel und die Höhe der finanziellen Ansprüche der Träger auf die gesetzlichen Mindestvorgaben zu begrenzen. Es ist schon vieles gesagt worden, und ich werde in meinen Ausführungen nur kurz auf die einzelnen Änderungen im Gesetzentwurf eingehen. Aber eines möchte ich an dieser Stelle nicht versäumen, nämlich die Bedeutung der Schwangerschaftsberatungsstellen herauszustellen und mich für den Einsatz und das Engagement – gerade auch während der Pandemie – an dieser Stelle ganz herzlich zu bedanken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Durch den regelmäßigen Austausch mit den Trägern und den verantwortlichen Akteuren kann ich nachvollziehen, welche Kraftanstrengungen von den Beratungsstellen und ihren Mitarbeiterinnen übernommen wurden, um die Beratung aufrechtzuerhalten, die schlussendlich auch bewerkstelligt wurde. Sie waren für Frauen, die Beratung im Falle einer Schwangerschaftskonfliktsituation gebraucht haben, immer erreichbar, und sie konnten auch Beratungsscheine in digitaler Form ausstellen. Das heißt, dann, wenn es in Präsenz nicht möglich war, war auch eine Beratung per Telefon möglich, und es konnte der Beratungsschein ausgestellt werden. Hier hat das Land Hessen sehr schnell reagiert. Familien, Rat suchende Paare wurden also nicht im Stich gelassen. Aber auch das darf man nicht vergessen: Die Schwangerschaftsberatungsstellen bewerkstelligen auch einen weiteren großen Aufgabenbereich im Bereich der Schwangerschaft, der Geburt, der Familienplanung, der Verhütung, und sie stellen immer wieder heraus, dass auch das ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist. Frauen konnten sich, wie gesagt, in der Pandemie wirklich auf die Beratungen und das bestehende Beratungsangebot verlassen. Die Pandemie hat aber auch gezeigt, dass wir vor neuen Herausforderungen stehen und dass wir vor allen Dingen in einem stetigen Digitalisierungsprozess sind, den wir sicherlich in den Blick nehmen müssen. Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen arbeiten vertraulich, beraten auf Wunsch anonym und helfen bei der Bewältigung der Konfliktsituation und bei der Entscheidungsfindung, die gesellschaftlich wirklich noch mit vielen Tabus belegt ist. Es liegt jetzt auch an uns, dieses Thema endlich aus der Tabuzone zu holen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin dankbar, dass Sie, Frau Böhm, noch einmal darauf hingewiesen haben: Wir in Hessen haben es mit einer bundesweit einmaligen Handreichung möglich gemacht, dass die Schwangerschaftskonfliktberatung durch die Einrichtung von Schutzzonen zu jeder Zeit möglich ist, sodass für jede Frau, die Beratung sucht, ein diskriminierungsfreier Zugang möglich ist und dass sie nicht von Abtreibungsgegnern oder -gegnerinnen oder selbst ernannten sogenannten Lebensschützerinnen bedrängt oder gegängelt wird. Das war ein wichtiger Punkt, der uns gelungen ist. Auch das finde ich wichtig hier noch einmal herauszustellen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe es schon gesagt: Nicht nur im Falle einer ungewollten Schwangerschaft, sondern auch bei allen Fragen rund um die Familienplanung, Verhütung oder auch den unerfüllten Kinderwunsch oder die Geburt und die Situation mit einem Kind danach, stehen die Schwangerschaftsberatungsstellen den Frauen, Paaren und Familien zur Verfügung. Genau deshalb ist es wichtig, dass wir die Novellierung des HAGSchKG nutzen, so wie wir es auch tun, um Verbesserungen vorzunehmen und um langfristig die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen weiter in ihrer Arbeit zu stärken. Lassen Sie mich nun einen Blick auf die Details werfen, auf die einzelnen Paragrafen. In § 1 geht es um bessere Transparenz und Verbraucherschutz der geförderten Beratungsstellen. Bislang gab es in Hessen keine Aufstellung über Beratungsstellen. Ich finde, es ist ein ganz bedeutender Schritt, dass wir zukünftig ein solches Verzeichnis haben. Das heißt, durch diese Veröffentlichung sind Beratungsstellen leichter auffindbar. Das ist im Sinne der Transparenz sehr sinnvoll. Ratsuchende haben endlich einen vollständigen Überblick über alle Standorte und können erkennen, ob der Beratungsansatz tatsächlich auch vom Gesetzgeber so vorgesehen ist und sich hinter der Beratungsstelle wirklich keine tendenziöse Beratung versteckt, sondern eine staatlich anerkannte. Des Weiteren sollte in § 2 – hier kommt man einer langjährigen Forderung der Träger entgegen – noch einmal der Anteil der anerkannten Ärztinnen und Ärzte, besser gesagt, der Anteil der amtsärztlichen Beratungsstellen an der Gesamtzahl der Beratungsstellen, in den Blick genommen werden. Er wurde hier von 20 % – das war bislang die Obergrenze – auf 15 % abgesenkt.
Warum nicht ganz darauf verzichten? – Das ist immer wieder die Debatte. Ärztinnen und Ärzte sind ein Teil einer gewachsenen Beratungslandschaft, und sie sind auch dafür zuständig, dass wir die Pluralität des Beratungsangebots tatsächlich abbilden können. Darüber sind wir sicherlich immer wieder in der Debatte. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass auch die Ärztinnen und Ärzte diese Beratungsleistung weiterhin anbieten können.
Was man natürlich machen sollte, ist, noch einmal einen differenzierten Blick auf die Aufgaben und Anforderungen der Beratungsstellen zu legen und zu schauen, ob sich da vielleicht auch eine Zunahme von Anforderungen im organisatorischen Bereich ergeben hat. Was für uns aber vor allen Dingen wichtig ist, das ist, dass jede Betroffene ein Beratungsangebot nach § 5 HAGSchKG wahrnehmen kann, sei es bei einer Beratungsstelle
oder bei einer ärztlichen oder Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle. In § 3 geht es um die Herstellung des Gleichlaufs. Hier ist vorgesehen, dass der Stichtag gleichsam mit der Einreichung der Anträge zusammengelegt wird. Das ist ein langjähriger Wunsch der Träger. Ich denke, auch das stärkt noch einmal die Beratung insgesamt. Die notwendigen Personalkosten – wir haben es schon gehört – werden insofern erhöht, als dass sie auf dem TV-H basieren. Nach der Trennung der Besoldungsstufen 9a und 9b hat man sich für die höhere Einstufung entschieden – es wurde also die 9b gewählt. Auch bei den Erfahrungsstufen ist man von Stufe 5 auf Stufe 6 gegangen. Dadurch ergibt sich zwangsläufig eine Erhöhung der Pauschale. Wir haben eben auch schon etwas über die Beratungspauschale gehört, und zwar, dass sie sowohl für ärztliche als auch für kommunale Träger von 59,50 € auf 75 € angehoben wird. Hier handelt es sich sicherlich auch um eine Erhöhung, die genau da ankommt, wo sie ankommen soll. Frau Ravensburg hat dankenswerterweise schon erwähnt, wie wir mit der Abwicklung der Kosten der Mutter-und-Kind-Stiftung umgehen. Auch hier kommt es zu einer Verstetigung durch den Zuschuss. Ich glaube, durch die Verstetigung dieser Förderung gibt es auch Planungssicherheit. Auch das ist ein Stück weit Ausdruck eines verstärkten Engagements des Landes. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der uns vorliegende Gesetzentwurf dient – davon bin ich überzeugt – der Stärkung der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und verbessert sicherlich auch langfristig die Situation der Ratsuchenden. Trotzdem ist es uns wichtig, mit den Trägern ins Gespräch zu gehen und vor allen Dingen auch mit ihnen im Gespräch zu bleiben, so wie wir es während der Pandemie, aber auch schon in den letzten Jahren gemacht haben. Wir haben ihnen genügend Raum gegeben, um Kritik und Anregungen vorzubringen. In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Beratungen und die Anhörung. Ich denke, wir werden alles in allem dieses Gesetz dann auch in einem guten Rahmen verabschieden können. – Vielen Dank dafür.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)