10. Dezember 2019

Drittes Gesetz zur Änderung des Landesblindengeldgesetzes – Lesung 2 am 10.12.2019

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Hessische Landesblindengeldgesetz tritt Ende dieses Jahres außer Kraft,und genau aus diesem Grund musste das Gesetz auf Aktualität überprüft und überarbeitet werden.Dazu wurden sowohl schriftliche Rückmeldungen als auch die mündliche Anhörung mit einbezogen, und zwar derjenigen, die wir hier schon kennen: der Kommunalen Spitzenverbände, der Blinden- und Sehbehindertenverbände, der Liga der Freien Wohlfahrtspflege oder auch des LWV.Ich möchte mich an dieser Stelle schon einmal für den engagierten Einsatz und die rege Beteiligung bedanken. Aus unserer Sicht ergibt es durchaus Sinn – das sehen wir ganz anders als beispielsweise die AfD –, Gesetze und Rechtsverordnungen zu befristen; denn dadurch wird immer wieder gewährleistet, dass entsprechende Änderungswünsche und Verbesserungsvorschläge von Betroffenen und ihren Verbänden im Rahmen der Anhörung in regelmäßigen zeitlichen Abständen vorgebracht werden können.(Zuruf Christiane Böhm (DIE LINKE))

Diese Anregungen führen häufig, wie auch bei diesem Gesetz, zu Verbesserungen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Das Landesblindengeld dient dem Nachteilsausgleich undist eine freiwillige Leistung des jeweiligen Bundeslandes, in dem man wohnt. Die Höhe variiert in den einzelnen Bundesländern sehr stark. Wenn wir immer wieder von anderen Bundesländern hören, in denen Minderjährige genauso viel bekommen wie Erwachsene oder in denen Taubblindengeld gezahlt wird, sollten wir vielleicht auch einmalin den Blick nehmen, dass wir mit der Höhe unseres Landesblindengeldes ganz weit vorne rangieren.(Zuruf)

Die Leistungsbeiträge unterscheiden sich häufig in der Höhe der Leistung für Minderjährige und Erwachsene, für Heimbewohner und Heimbewohnerinnen sowie für pflegebedürftige oder für hochgradig in der Sehfähigkeit behinderte Menschen. Um die Leistung zwischen den Bundesländern vergleichen zu können, verweise ich auf den DBSV. Dieser hat einen Durchschnitt ermittelt und festgestellt, dass Hessen in dem Vergleich mit den drei anderen Bundesländern Bayern, Hamburg und Berlin an der Spitze steht. Das sollte hier einmal festgehalten werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Die große Kritik vonseiten der LINKEN und der SPD am Landesblindengeldgesetz beschäftigt sich mit der Gewährung eines Taubblinden- und eines Gehörlosengeldes. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Koalitionsvertrag entsprechende Vereinbarungen getroffen. Sowohl die Zahlung eines Gehörlosengeldes ist vorgesehen als auch die Prüfung, welche Unterstützungsmaßnahmen und Leistungen für Menschen mit besonderem Förderbedarf einzuführen sind. Ja, gehörlose Menschen sind in der Gestaltung ihres Alltags wie blinde und sehbehinderte Menschen auch auf Unterstützung angewiesen; dessen sind wir uns hinlänglich bewusst. Für die Einführung eines Gehörlosengeldes sind jedoch grundlegende Vorbereitungen erforderlich. Den guten, mit vielen Verbesserungen versehenen Gesetzentwurf jetzt, wo das Gesetz Ende des Jahres ausläuft und wir es bereits evaluiert haben, noch einmal auf die lange Bank zu schieben, das halten wir für nicht im Sinne der Betroffenen und auch nicht im Sinne der Verbände.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Bemängelt wurde auch sehr häufig die unterschiedliche Höhe des Blindengeldes für Erwachsene und für Minderjährige. Ja, es ist tatsächlich so: Auch Kinder und Jugendliche brauchen ausreichende Mittel, um das kompensieren zu können. Aber auch hier lohnt sich vielleicht ein Blick invergleichbare Bundesländer: Nur vier Bundesländer zahlen Blindengeld unabhängig vom Erreichen der Volljährigkeit. Klar, die Kinder und Jugendlichen benötigen finanzielle Unterstützung, um den Ausgleich gestalten zu können.Trotzdem gibt es immer noch eine Unterscheidung zu einem erwachsenen Menschen, der voll geschäftsfähig ist,der ein finanziell eigenständiges Leben führen kann. Deswegen, denke ich, ist es durchaus erklärbar, dass es einen Unterschied in der Zahlung des Landesblindengeldes zwischen erwachsenen und minderjährigen Personen gibt.

Präsident Boris Rhein:Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Alex?

Silvia Brünnel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Im Moment nicht. Vielleicht nachher.

Lassen Sie uns in der zweiten Lesung einen Blick auf die Verbesserungen werfen, die nun in der Form des Gesetzentwurfs und auch in dem Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorliegen: Zum einen haben wir es geschafft, in § 1 Abs. 2 aus Gerechtigkeits- bzw.Gleichbehandlungsgründen den grundsätzlichen Ausschluss von Personen, die berechtigt sind, Landesblindengeld zu beziehen, zu entschärfen. Das heißt, es hat sich sowohl der Kreis erweitert, als auch die Höhe der Leistung ist gestiegen.Durch die Klarstellung des zeitlichen Rahmens, was eine vorübergehende Störung des Sehvermögens angeht, haben wir mehr Rechtssicherheit geschaffen. Ich hatte es schon in der letzten Lesung erwähnt: Wir haben es geschafft, dass eine bessere Lesbarkeit gegeben und der betroffene Personenkreis nun benannt und nicht einfach nur durch Ziffernangaben definiert wird. Am 27. November 2019 haben wir in der letzten Sitzung des Sozial- und Integrationsausschusses noch ein paar Korrekturen vorgelegt, die auch der Vermeidung von Verwaltungsaufwand dienen und es einfacher machen, unter anderem was unter 18-Jährige betrifft. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 war es in der Vergangenheit so, dass, wenn es bei einem18-Jährigen zu einer Aufstockung gekommen wäre, man es nach § 72 SGB XII einkommens- und vermögensabhängig hätte überprüfen müssen. Dieser Aufwand steht natürlichin keinem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Deswegen entspricht dieses Blindengeld der Blindenhilfe für die noch nicht Volljährigen. Es waren noch ein paar Änderungen im Rahmen der Anpassung der Begrifflichkeiten notwendig. Wir mussten aufgrund der Vorgaben des BTHG eine Unterscheidung zwischen ambulant und stationär treffen. Das wird aufgehoben. Das heißt, es muss jetzt auch im Landesblindengeld-gesetz entsprechend definiert werden. Anstelle von „stationären Einrichtungen“ nehmen wir jetzt den Begriff der„besonderen Wohnform“.Was ist für uns handlungsleitend? Handlungsleitend ist und bleibt für uns das langfristige Ziel der Umsetzung der UN-BRK in der gesamten Behindertenpolitik. Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt in das gesellschaftliche Leben eingebunden sind. Wir wollen die Möglichkeit zur Teilhabe stärken, und dazu zählt auch das Landesblindengeld. Ich denke, damit sind wir auf einem ganz guten Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Die Änderungen in § 4 Abs. 2 sind notwendig – das hatte ich zu erwähnen vergessen, das wäre beinahe versehentlichpassiert –, um ungewollt stärkere Kürzungen des Landesblindengeldes für hochgradig in der Sehfähigkeit behinderte Menschen zu verhindern. Da war ein falscher Bezug eingebaut, der jetzt auch richtiggestellt wurde.Ich denke, wir sind hier auf einem guten Weg und können sicherlich noch eine Runde im Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss darüber drehen. Ich würde aber dann bitten, dem Gesetz, so wie es vorliegt, mit unseren Änderungsanträgen zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)